Teil 1 – Planung und Organisation
Alle Berichte aus der Reihe
Teil 1: Planung und Organisation
Teil 2: Über den Alpsee und Fernpass nach Imst
Teil 3: Regeneratives Ausschütteln der Beine zwischen Imst und Pfunds
Teil 4: Über wilde Grenzen und schwarze Löcher auf das Dach der Tour
Teil 5: Von Laas über Meran an den Kalterer See
Teil 6: (Un-)Ruhetag nicht nur am Kalterer See
Teil 7: Durch das Tor des Südens kurz vor dem Sprung zum Finale
Teil 8: Vom Gardasee überwältigt
Teil 9: Rückreise und Fazit
Anfang des Jahres 2023 kam in unserer Gruppe, die traditionell (mindestens!) einmal im Jahr zu einer kleinen Radreise gemeinsam aufbricht, die Idee auf, man könnte ja mal eine Alpenüberquerung angehen. Schnell war die Begeisterung geweckt.
Teilnehmer und Fahrräder
Wir, das sind sechs Personen, drei Frauen und drei Männer zwischen Mitte 50 und Mitte 60, Natur- und Frischluftliebhaber. Einer wollte lieber nicht die ganze Strecke mitradeln, stellte sich aber dankenswerterweise mit seinem Wohnmobil als Mannschafts-, Service- und Transportwagen zur Verfügung, gleichzeitig sollte das Wohnmobil auch für ihn und seine mitradelnde Frau als Beherbergung auf der Tour dienen, während wir anderen vier Personen in Hotels übernachten wollten.
Unsere Fahrräder sind alle mit Motorunterstützung ausgerüstet, also Pedelecs, die bis 25 km/h unterstützen können. Im einzelnen besteht der Fuhrpark 1x aus einem Trekkingrad, 2x mal aus sogenannten „SUV“-Bikes, also vollgefederten Mountainbikes mit 120 mm Federwegs vorne und hinten, aber gleichzeitig mit Vollausrüstung für die Straße wie Halterung für Satteltaschen hinten, fest verbauter Beleuchtung und großen Schutzblechen. Die Bike-Guides, also Susi und ich, fuhren mit unseren vollgefederten „reinrassigen“ E-Mountainbikes (150 mm Federung vorne / 140 mm hinten, Stecklichter mit Akkus, lediglich Mudguards, keine Halterung für Packtaschen – sprich Rucksack obligatorisch).
Streckenplanung
Alle Beteiligte sind geübte Radfahrer – aber Gelände und Trail-Exkurse sollten stark beschränkt bleiben. Als Basis für die Streckenplanung bot sich daher schnell die Route „Via Claudia Augusta“ an, die vermutlich die einfachste Alpenüberquerung mit dem Fahrrad darstellt und keine besonderen Geländefähigkeiten erfordert – ggf. kurze Schiebepassagen waren akzeptabel.
Als Startort und Treffpunkt für alle Teilnehmer wählten wir Füssen, der Endpunkt der Reise sollte Riva am Nordufer des Gardasees sein, wir hatten acht Tage mit sieben Übernachtungen als Zeitraum zur Verfügung. Es stellte sich schnell heraus, dass wir Anfang Februar keinesfalls zu früh mit der Planung gestartet sind. Bezahlbare Unterkünfte waren da schon nicht ganz trivial zu finden, die gewünschten Etappenlängen ließen sich nicht ganz halten – dann sollten nach Möglichkeit die beiden Wohnmobilisten auch in der Nähe halten können. Schließlich konnten wir aber hier alles unter einen Hut bringen.
Einen Ruhetag / sprich einen Ort mit zwei Übernachtungen und dazwischen einen Tag zur freien Verfügung für jeden planten wir auch ein – was sehr gut war. Als Ort hierfür schien uns der Kalterer See sehr tauglich zu sein – was ein Abweichen von der klassischen Route der Via Claudia Augusta bedeutete.
Bei der Durchsicht der klassischen Routenführung sprang mir der Abschnitt des Passes vom Schweizerischen Martina hoch über die Norbertshöhe nach Nauders negativ ins Auge. Hier sollten wir einen längeren Abschnitt zusammen mit dem Autoverkehr den Pass mit engen Kurven hochfahren. Nach längerer Recherche gelang es mir, eine Alternative zu finden, die rückblickend alle als ein Highlight der gesamten Reise sehen.
Anreise nach Füssen zum Startpunkt / Rückreise vom Gardasee
Da für die Rückreise sich eigentlich nur der Zug ab Roveretto (26 km mit dem Fahrrad von Riva del Garda entfernt) anbot, dieser ohne Umsteigen bis München verkehrte, war für Susi und mich klar, dass auch dort das Auto stehen musste, um die Rückreise möglichst stressfrei zu gestalten. Wir reisten also mit dem Auto bis München, parkten dort auf einem P&R-Parkplatz in Freiham, fuhren dann die 10 km zum HBF München mit den Fahrrädern. Dort bestiegen wir einen Zug bis Kaufbeuren, um ab da schon eine kleine Vortour über den Wertach-Radweg dann am Forggensee vorbei bis nach Füssen zu unternehmen, wo wir die anderen trafen.
Besonders zu erwähnen ist die Notwendigkeit einer Reservierung der Bahnkarten samt Platz für die Fahrräder für den Zug ab Roveretto, auch wenn dieser Vorgang nicht ganz einfach ist. Man kann die Plätze für die Fahrräder NICHT online mit den Tickets für die Personen lösen, dazu muss man persönlich zum Bahnschalter an einen Bahnhof in Deutschland, dort geht es dann – warum auch immer das so sein mag. Ohne diese kostenpflichtige Reservierung ist ein Rücktransport per Bahn quasi ausgeschlossen! Wir trafen einige Radler, die meinten spontan mit ihren Rädern mitfahren zu können – keine Chance, die Plätze sind rar und regelmäßig ausverkauft.
Die Leute werden eiskalt auf dem Bahnsteig stehen gelassen!
Technischer Check der Räder / Notfallwerkzeug / Erste Hilfe-Set
Alle Räder wurden vor der Reise kritisch beäugt, ggf. zur Inspektion in die Werkstatt gegeben. Alle Bremsbeläge wurden gegen neue getauscht, da wir nicht wirklich einschätzen konnten, wie stark die Beanspruchung sein würde. Sofern die Benutzten noch in Ordnung waren, wurden sie aufgehoben und werden hier zu Hause weiter benutzt. Die Abnutzung nach der Tour ist schon sichtbar, ich würde es wieder so machen – keinesfalls aber mit mehr als 50% Abnutzung hier starten, je nach Gewicht und Fahrweise auch tatsächlich lieber mit komplett neuen Belägen. Dabei nicht vergessen, die Bremsscheibe zu prüfen, ob die Mindestdicke noch nicht unterschritten wird.
Wir hatten sicherheitshalber auch noch Ersatzbremsbeläge dabei – diese wurden aber nicht benötigt.
Als Werkzeug hatte ich einen passenden Schlüssel für alle gängigen Schrauben, dazu Flickzeug, eine kleine Pumpe, Ersatzschlauch, einen Kettendrücker und eine Verschlusszange, sowie Kettenschlösser zur Reparatur eines Kettenrisses unterwegs. Eine Dämpferpumpe hatte ich auch im Gepäck. Ebenso selbstverständlich mit dabei war ein Erste-Hilfe-Set, sowie für uns ohnehin selbstverständlich eine noch nicht vergessene Erste-Hilfe-Schulung (jünger als zwei Jahre).
Zum Glück gab es außer zwei lockeren Schräubchen und der Notwendigkeit den Druck einer Gabel zu justieren, keine Notfälle und keine Pannen – dennoch sollte man vorbereitet starten – man kann nie wissen, was einen erwartet. Das gilt aber eigentlich für jede Tour.
Nützliche Links zum Thema Alpenüberquerung mit dem Fahrrad / Via Claudia Augusta:
Offizielle Infoseite viaclaudia.org
WDR-Doku, Wunderschön – Enstpannt über die Alpen auf der Via Claudia Augusta
Via Caudia Augusta auf fahrrad-tour.de
Zum nächsten Teil:
Teil 2: Von Füssen über den Fernpaß nach Imst
Guten Morgen,
Sehr schöner Bericht und eine tolle Planung.
Ich habe diese Tour auch noch auf meiner Liste 🙂
Ich hätte folgende Fragen
– Wann hat die Tour stattgefunden
– Ich fahre das Nevo von Riese und Müller. Sollte such gehen?
– Werde wahrscheinlich alleine Fahren
– Gibt es eine Liste der Unterkünfte
Grüße aus Mannheim
Robert
Hallo Robert,
Danke für deinen Kommentar und es freut mich, dass dir unser Bericht gefällt.
Wir sind die Tour Anfang Juli dieses Jahres gefahren.
Wie im Fazit im Teil 9 dieser Berichtsreihe dargelegt, ist diese Tour für Reise- und Trekkingräder geeignet, also auch für das von dir angeführte Rad sicher problemlos möglich. Routiniert sollte man schon sein und das Rad sicher beherrschen. Die einzigen Stellen, die eventuell etwas Probleme bereiten könnten, sind die Galerie am Fernpass und die Passagen in der Nähe, sowie der Trail über die Schweizer Grenze vor Nauders (wenn man die von uns vorgeschlagene Variante der Route fährt).
Diese kurzen Passagen kann man das Rad aber problemlos schieben, wenn man sich die Passagen fahrend nicht zutraut.
Der Rest ist überhaupt kein Problem, ab Italien fährt man eh überwiegend auf Asphalt.
Eine Unterkunftsliste haben wir nicht veröffentlicht, weil einerseits die Ansprüche an Ausstattung und Komfort sehr unterschiedlich sind – ebenso wir das Budget andererseits.
Wir empfehlen rechtzeitige Buchung – dann findet man genügend Auswahl in seiner Wunschkategorie.
Wann soll es denn bei dir los gehen?
Viele Grüße sozusagen in die Nachbarschaft aus Weinheim
Andreas