Alpenüberquerung von Füssen zum Gardasee
(Titelfoto: Norbert Widera)
Alle Berichte aus der Reihe
Teil 1: Planung und Organisation
Teil 2: Über den Alpsee und Fernpass nach Imst
Teil 3: Regeneratives Ausschütteln der Beine zwischen Imst und Pfunds
Teil 4: Über wilde Grenzen und schwarze Löcher auf das Dach der Tour
Teil 5: Von Laas über Meran an den Kalterer See
Teil 6: (Un-)Ruhetag nicht nur am Kalterer See
Teil 7: Durch das Tor des Südens kurz vor dem Sprung zum Finale
Teil 8: Vom Gardasee überwältigt
Teil 9: Rückreise und Fazit
Strecke: 89,6 km
Höhenmeter bergauf: 341
Tiefenmeter bergab: 1.012
Alle Details, Streckenverlauf – Höhenprofil usw: Outdooractive-Karte
Als wir aufwachten, hatten wir wenig Hoffnung, dass ein Foto wie das Titelbild zu diesem Beitrag an diesem Tag möglich wäre.
Die Etsch wird wütend
Es kündigte sich bereits am Vorabend an. Die Wolken türmten sich schon auf den letzten Metern unserer vorherigen Etappe immer höher über dem Etschtal, und noch vor Einbruch der Dunkelheit fielen begleitet von Blitz und Donner die ersten Tropfen. Es gab eine Unwetterwarnung für die Region, und auf dem Wetterradar sah die auf uns zurollende Front auch recht beeindruckend aus.
Auch zum geplanten Zeitpunkt für den Start dieser Etappe unserer Alpenüberquerung regnet es ausdauernd, der Himmel ist grau und verhangen, es hat sich deutlich abgekühlt. Das Regenradar sendet aber hoffnungsvolle Signale für den späten Vormittag. Wir beschließen, das bis dahin bei einem gemeinsamen ausgiebigen Frühstück auszusitzen.
Tatsächlich verzogen sich die Wolken gegen 11:00 Uhr recht schnell, und wir konnten starten. Die Etsch, am Tag zuvor ein Rinnsal, zwischen Steinen klares Wasser führend und sanft dahin fließend, hatte über Nacht ihren Charakter komplett geändert. Wir fanden nun einen laut grollenden, ganze Baumstämme mit sich führenden, schmutzig braun-schwarzen reißenden Fluss vor. Beeindruckende Wasserwalzen wirbelten mitgerissene Holzstücke umher.
Locker durchs Vinschgau rollen
Charakteristisch für die Radwege im Etschtal sind bester Zustand, für meinen Geschmack fast ein bisschen zu gut, und weitestgehende Entflechtung vom Autoverkehr. Bestimmende Vegetation sind Apfelbäume, in weiten Passagen verläuft der Weg entlang der Etsch entlang eines Zauns oder Geländers, häufig auch neben der Bahnlinie.
Es geht schnell voran, ohne Probleme rollen die Räder leicht und sehr zügig dahin, das immer noch signifikant spürbare Gefälle nutzend, auch mal ohne Pedalbewegungen. Gut so, denn wir haben heute eine lange Strecke zu fahren und sind verspätet gestartet.
Bis Meran ist die Streckenführung auch noch einigermaßen abwechslungsreich. Es geht in sanften Kurven mühelos durch die Kulturlandschaft des Vinschgaus. Ab und zu gibt es eine Ortsdurchfahrt oder etwas Interessantes zu sehen.
So kommen wir relativ entspannt voran. In Algund, bereits kurz vor Meran, halten wir an einem Aussichtspunkt, zu dem man durch eine Art berankte Röhre gelangt – der Abzweig ist von der offiziellen Radroute aus gut zu erkennen.
Inzwischen kennen wir die Mischung aus steiler Abfahrt und bestens asphaltierten Radwegen schon. Das folgende Stück ist ein weiteres Beispiel. In Serpentinen geht es, wenn man es zulässt, ordentlich rasant zu Tal.
Meran – mediterranes Flair vor Alpenkulisse
Trotz Verspätung, einen kurzen Abstecher nach Meran wollen wir auf keinen Fall auslassen. Die Stadt hat einfach etwas – die Promenade am Passer, das Kurhaus, das mediterrane Flair mit Palmen und Blütenpracht in Verbindung mit den hohen, z.T. noch schneebedeckten Bergen im Hintergrund wollen wir unbedingt bei inzwischen wieder schönem sonnigen Wetter auf uns wirken lassen.
Flucht vor der Monotonie des Etschtalradweges
Mit dem Fortsetzen der Tour hinter Meran auf der klassischen Route der Via Claudia Augusta behält der Radweg seine grundlegende Charakteristik. Hervorragend ausgebaut, getrennt vom übrigen Verkehr. Eigentlich alles super, oder? Ein paar entscheidende Parameter ändern sich aber irgendwie in der Wahrnehmung doch. Das Tal wird weiter, was dazu führt, dass die Berge nun weiter weg sind. Immer noch eine schöne Kulisse, zweifellos, aber durch die Entfernung ändert sich die Aussicht nur sehr langsam, um nicht zu sagen zäh. Die Etsch ist hier begradigt, ebenso ist das auch dem Radweg widerfahren. Wir haben uns an den Apfelplantagen reichlich satt gesehen.
Alles das zusammen führt dazu, dass wir nach einigen Kilometern schnurgerader Asphaltpiste, rechts die Etsch, links ein grüner Metallzaun, daneben die Bahnlinie, nicht mehr wollen. Mag auch sein, dass einfach der Kontrast zu den intensiven Erlebnissen der Vortage zu stark ist. Kurzerhand beschließen wir auf die höhergelegene kleine Nebenstraße in Fahrtrichtung gesehen rechts von der Etsch auszuweichen und über die kleinen Dörfer weiter nach Süden zu fahren.
Hätten wir gleich nach Meran machen sollen – aber nun gut, lieber spät als nie. Auch die Luft war hier oben wesentlich besser. Unten war es schwül, die Luft stand – hier oben war es etwas kühler und angenehmer.
Konkrete Empfehlungen für alternative Route (von uns nicht geprüft)
Der Rat des Autors, von der relativ eintönigen Route an der Etsch in diesem Bereich abzuweichen, wird auch bei Diskussionen zu diesem Bericht ein einem Radforum geteilt. Es werden konkrete Tipps zur Ausgestaltung der Route gegeben.
Zitat (User „Wolfgang Beckmann“):
Ich schlage zusätzlich vor, bis Mezzocorona die Weinstraße über Tramin, Kurtatsch, Margreid und Aichholz zu nehmen. Wir haben diese Route im Frühjahr erstmals probiert. Die Straße ist wirklich abwechslungsreich und bietet einige sehr schöne Ausblicke über das Etschtal. Der Autoverkehr war sehr moderat.Für die nicht elektrisch unterstütze Fraktion muss ich erwähnen, dass man dabei durch den Anstieg von Frangart (Bozen) nach Eppan und einige Wellen nach dem Kalterer See vielleicht gut 300 Höhenmeter auf diesem Weg in Kauf nehmen muss. Die Steigungsprozente sind aber, abgesehen von 2 kurzen Rampen auf dem Radweg nach Eppan und einem Stich auf dem Weg zum Kalterer See, sehr moderat.
Wir vermeiden übrigens meistens schon ab Meran die normale Radroute auf dem Etschdamm und fahren über Lana, Nals, Andrian und Pillhof auf der Weinstraße bis Frangart. Auch dort fährt man bis Lana und Richtung Andrian einige Höhenmeter sanft bergauf.
Quelle:
Beitrag auf radforum.de
Auf leichten Irrwegen zur Auszeit am Kalterer See
Die Idee zum spontanen Entfliehen aus der Monotonie im Tal kam dankenswerter einem der Mitfahrer. Ich habe unterwegs immer mal flüchtig auf die Karte geschaut und hatte eine Idee, wie wir wieder auf unsere Route zum Kalterer See zurück finden können. Leider war das, was ich als Kreuzung interpretierte, ein Tunnel der einen Straße unter der anderen ohne Abbiegemöglichkeit. Dieser Fehler bescherte uns einen unnötigen Umweg – bitte beachten, wenn ihr die Route nachfahrt.
Schließlich fanden wir die richtige Rampe und legten die letzten Kilometer zum Kalterer See zurück.
Hier sollten wir zwei Nächte bleiben, also eine Art Ruhetag einlegen. Der perfekte Ort um es sich gut gehen zu lassen, wie sich zeigte. Wenn ich einen freien Tag habe – was mache ich am liebsten? Richtig, eine kleine Radtour- dazu mehr im nächsten Teil.
Hier weiterlesen:
Teil 6: (Un-)Ruhetag nicht nur am Kalterer See
Voheriger Beitrag:
Teil 4: Über wilde Grenzen und schwarze Löcher auf das Dach der Tour